"Wenn man für den Lebensprozess Platz macht, geht er weiter. Er findet dann seinen Weg so, wie das Wasser um den Stein herumfließt. Er bahnt sich seinen Weg, der ganz neu ist, und doch ist es eigentlich der alte Weg, der findet, wie es hätte sein sollen. Der Organismus findet wieder seinen eigentlichen Weg". (Eugene T. Gendlin)

Focusing

Die Focusing-Technik von Eugene T. Gendlin

Eugene T. Gendlin war Professor für Philosophie und Psychologie an der Universität Chicago. Er beschrieb in den 60er Jahren erstmals den von ihm beobachteten und als solchen bezeichneten "Focusing-Prozess". Gendlin hatte beobachtet, dass  Klienten, die bei der Verbalisierung ihrer Probleme eine dazugehörige Körperwahrnehmung beschreiben konnten, erfolgreich therapiert werden konnten. Und zwar unabhängig von der Therapiemethode. 

Aus dieser Tatsache schloss er, dass die Einbeziehung des körperlichen Erlebens, ein wesentlicher Faktor für einen Entwicklungsprozess in der therapeutischen Arbeit sein musste. Offensichtlich hatten einige Klienten schon von sich aus eine so gute Verbindung zu ihrem körperlichen Erleben, dass sich der "Focusin-Prozess" während der Sitzungen von ganz alleine einstellte. Für solche Patienten, die mit der Wahrnehmung ihrer körperlichen Reaktionen auf belastende Themen Schwierigkeiten hatten, entwickelte Gendlin die "Focusing-Schritte" - eine einfache Anleitung mit deren Hilfe sowohl in der therapeutischen Sitzung, als auch in Form von Selbsthilfeübungen gearbeitet werden konnte. 

Gendlin nannte dieses, auf eine belastende Situation bezogene Körpergefühl, "felt sense" (gefühlter Sinn). Mit dem "felt sense" wird auch in anderen körper- und traumatherapeutischen Verfahren gearbeitet, zum Beispiel beim Somatic Experiencing nach Levine. Er beschreibt ein Körpererleben, welches sich sowohl aus Emotionen, als auch aus Gedanken, Bildern und Erinnerungen, als auch aus konkret körperlichen Empfindungen wie Spannung, Druck, Schmerz, Wärme, Kälte etc. zusammensetzt. 

Den "felt sense" und die Möglichkeit, sich im therapeutischen Prozess immer wieder dorthin zu wenden, bezeichnet Gendlin als die "Quelle der Veränderung". Hierbei wird während der Sitzung immer wieder zwischen der Belastung und dem Körperempfinden gependelt. Dabei ist eine Veränderung zu beobachten, die sich zunächst auf einer unbewussten Ebene vollzieht, dann aber als "shift" (= Wechsel) bewusst spürbar wird - z.B. als ein Gefühl von Entspannung oder Erleichterung.

Hat sich ein "shift" ereignet, dann kann sich das "System Mensch" aktualisieren und zu einem neuen Zustand der Balance finden.